Arthrose oder Gelenkverschleiß

Arthrose (auch Arthrosis genannt) und Arthritis sind Gelenkerkrankungen

Arthrose (auch Arthrosis genannt) und Arthritis sind Gelenkerkrankungen, die sich in Ursache und Verlauf grundsätzlich unterscheiden. Während die Wortendung »-itis« immer einer Entzündung entspricht, bezeichnet die vergleichsweise gutartige Arthrose einen schleichenden Abbauprozess der Gelenke. Der entzündlichen Arthritis, besonders auf rheumatischer Basis, haftet immer eine ominöse Prognose mit Deformierung und Versteifung der Gelenke an, wobei der ganze Körper in das Krankheitsgeschehen einbezogen wird. Dagegen beschränkt sich die gutartige Verschleißerkrankung nur auf die Gelenke, während das Allgemeinbefinden, Stimmung und Lebensgefühl unberührt bleiben. Keineswegs soll das Krankheitsbild der Arthrose mit dieser Gegenüberstellung bagatellisiert werden. Sie kann schon ab dem 30. Lebensjahr zu erheblichen Behinderungen führen und in manchen Fällen zur Erhaltung der Mobilität eine Operation erzwingen.

Lokalisation von Kniegelenkarthrosen (Gonarthrosen) (rechtes Kniegelenk, von vorne)

Lokalisation von Kniegelenkarthrosen (Gonarthrosen) (rechtes Kniegelenk, von vorne) – Bildautor: – Stündle – Lizenz: Creative Commons

Wenn schon wie bei vielen anderen Erkrankungen die letzte Ursache im dunkeln bleiben muß, so läßt doch die Mehrung der arthrotischen Veränderungen in zunehmendem Alter darauf schließen, daß physiologische Abbauprozesse das Krankheitsbild bestimmen. Der gelenkauskleidende Knorpelbelag wird vorzeitig abgeschliffen, die Knochenendflächen verlieren ihre Schutzschicht, reiben aufeinander, und die Synovia, die Gelenkflüssigkeit, versiegt. Im weiteren Verlauf bilden sich Knochenwucherungen innerhalb des Gelenks, die ihrerseits die Funktionstüchtigkeit des Gelenks beeinflussen. Als weitere Ursache müssen Fehlbe- und Überlastungen von Gelenken, Übergewicht, Beinverkürzung, frühere Verletzungen und Knochenbrüche, aber auch übertriebener Leistungssport genannt werden.

1. Arthrose der Kniegelenke.

Die Kniegelenkarthrosis ist die häufigste Arthroseform, die beide Geschlechter gleichermaßen befällt. Die Beschwerden sind so typisch, daß  die Diagnose nicht vom Arzt allein, sondern vom Patienten selbst vorformuliert wird: »Beim Treppensteigen schmerzen mir die Kniegelenke, ich glaube, das ist Gelenkverschleiß.« Die einen klagen über vermehrte Schmerzen beim Treppaufgehen, die anderen beim Abwärtsschreiten einer Treppe. Langes Wandern ermüdet die Gelenke vorzeitig, besonders wenn es bergauf geht. Nach Jahren kommt es auch zur Einschränkung der Streck- und Beugefähigkeit der betroffenen Gelenke, von den Ärzten als Endphaseschmerz bezeichnet: Bei starker Streckung, noch mehr bei extremer Beugung werden Spannungsschmerzen im Gelenk geäußert. Besonders bei Frauen entwickeln sich an der Gelenkinnenseite druckschmerzhafte Polster. Beim Verschleiß der Kniegelenke gilt ausnahmsweise das Wort: »Viel hilft viel.« Arthrotische Gelenke lieben die Beschäftigung, allerdings ohne Belastung. Bewegung ohne Last ist die Zauberformel zur Linderung der Beschwerden und zum Erhalt der Funktionstüchtigkeit.

Kneipp:

Tgl. Wechselknieguss und Wechselfußbad mit Heublumen, Haferstroh oder Wacholder.

Wöch. 2x 3/4-Bad mit Heublumen, Wacholder, Haferstroh oder Moor, anschl. Schenkelguss, so kalt wie möglich; 2x Heusack oder Lehmpflaster oder Kniewickel mit Retterspitz. Ob warm oder kalt, entscheidet die Verträglichkeit und der Erfolg. Als Grundregel kann gelten: Das entzündete, schmerzhafte Knie bevorzugt die Kühle, während bei der ruhend chronischen Form ohne Schwellung Wärme besser vertragen wird. Weitere physikalische Möglichkeiten: Moor, Fango, Fangoparaffin; Bestrahlungen nach ärztlicher Verordnung. Meine persönliche Ansicht: Strengste Zurückhaltung mit Röntgentherapie.

Allgemeine Maßnahmen:

1. Spazierengehen auf flachen Wegen und nicht zu hartem Untergrund. Gehen in der Stadt auf Pflaster und Asphalt ist nur ein Notbehelf. In diesem Falle sind Sportschuhe mit Gummisohlen zu bevorzugen. Am besten eignen sich Wald- und Feldwege. Mit Sand oder Kies befestigte Wege toleriert das Kniegelenk ebenfalls. Treppen nur langsam gehen, vor allen Dingen keine Lasten tragen! Als besonders wirksam sei das Trockenbürsten erwähnt; Gelenke bevorzugt bürsten! Außerdem Schwimmen, Massagen und Gymnastik.

Diät:

In seinem Buch »Leben ohne Brot« postuliert ein österreichischer Kollege, Dr. Lutz, als Heildiät für Arthrose eine getreidefreie Fleischkost. Bis heute existieren keine beweisenden Heilerfolge für irgendeine Arthrose-Diät. Aus eigener Erfahrung rege ich zu einer süßigkeitfreien und fleischarmen Normalkost an. Die bei Gicht empfohlene Diät kann auch für die Arthrose gelten.

Daß Übergewicht um jeden Preis zu vermeiden ist, versteht sich fast von selbst.

Tee:

  • Schwarze Johannisbeerblätter 40,0
  • Brennnessel
  • Birkenblätter
  • Zinnkraut
  • I Hagebutten
  • Mistel
  • Kastanienblätter aa ad 100,0
  • Tgl. 3×1 Tasse; überbrühen, 10Min. ziehen lassen.
  • Homöopathie:
  • Calcium phosphoricum          D3
  • Ichthyolum                             D2
  • je 3×1 vor und nach dem Essen. Medikamente:
  • Einreibungen nach ärztlicher Verordnung; Ichthyol-Dauerverband (s. S. 219).

Beachte:

Wenn auch der Arthrose ein chronischer Abbauprozess des Gelenkknorpels zugrunde liegt, so kann es doch Zwischenstadien geben, die mit vermehrtem Schmerz und Schwellung einhergehen. Um den eingangs erwähnten Begriff zu gebrauchen: Aus einer Arthrose wird vorübergehend eine Arthritis. Schwillt das Knie unter Wärmeentwicklung plötzlich an, kann es sich um ein sog. Reizknie mit Gelenkerguss handeln, das unbedingt ärztlicher Behandlung bedarf. Meist befindet sich im Gelenk ein Erguss, der abpunktiert werden kann. Auch die akut-entzündlichen Formen der Arthrose haben eine gutartige Verlaufsform und klingen meist unter entsprechender Behandlung schnell ab.

2. Arthrose der Hüftgelenke.

Bei der Coxarthrosis läuft die Bewegungseinschränkung dem Schmerz oft Jahre voraus. In den Anfangsstadien ist die eindeutige Trennung zwischen wirbelsäulenbedingten Beschwerden und einer hüftbedingten Bewegungsbehinderung nicht immer möglich. Typisch für den Verschleiß des Hüftgelenkes ist die Unfähigkeit, die Beine normal weit zu spreizen. Oft ist auf dem Rücken liegend die Spreizfähigkeit der Oberschenkel unter 45 Grad eingeschränkt, mit anderen Worten: Der Abstand von Ferse zu Ferse wird bei größtmöglicher Spreizung beider Beine mit fortschreitender Erkrankung immer kleiner. Ein weiteres Symptom zur Selbstprüfung ist folgender Bewegungsablauf: Rückenlage, beide Beine anziehen, die Fußsohlen stehen flach auf dem Boden, Knie und Unterschenkel berühren sich; dann wird versucht, das li. und re. Knie im Wechsel nach außen zu beugen. Normalerweise gelingt es, mit dem Knie den Fußboden zu berühren, während mit der arthrotischen Hüfte nur eine geringe Rotation nach außen möglich ist.

Hüftgelenk-Endoprothese

Hüftgelenk-Endoprothese – Bildautor: Scuba-limp – Lizenz: GNU-Lizenz für freie Dokumentation

Neben der zunehmenden Bewegungsbehinderung treten auch Schmerzen, besonders bei und nach längerer Belastung auf. Das Gehen wird zur Qual und ist schließlich nur noch mit Hilfe eines Stockes möglich. In diesem Stadium gibt es nur einen einzigen Therapievorschlag, den operativen Eingriff zur Versorgung mit einer künstlichen Hüfte, der Endoprothese. Der Verlauf einer einseitigen oder beidseitigen Coxarthrose endet jedoch nicht immer mit der Notwendigkeit einer Operation. Wenn bei den ersten Krankheitszeichen energisch alle Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere die physikalischen, eingesetzt werden, bleiben die Funktionstüchtigkeit der Gelenke und eine relative Beschwerdefreiheit vielfach erhalten.

Kneipp:

Tgl. Wechselschenkelkreuzguss morgens und abends.

Wöch. 2x  3/4-Bad mit Heublumen, Haferstroh oder Moor, anschl. Unterguss; 2x Heusack auf die betroffene Hüfte. Weitere physikalische Möglichkeiten: Moor, Fango, Fango-Paraffin als Packung, Mineralbadekuren mit Schwimmen im Thermalwasser, Stangerbäder, Unterwassermassagen.

Allgemeine Maßnahmen:

Tgl. regelmäßige Spaziergänge, s. unter 1.; systematische Spezialgymnastik, häufiges Schwimmen und Bürsten der betroffenen Gelenke, Massagen.

Diät, Tee und Homöopathie s. unter 1. Medikamente und sonstige therapeutische Maßnahmen nach ärztlicher Verordnung findet. Die Störanfälligkeit liegt weniger im Gelenk als in der Umgebung des Gelenkes (s. Schultersteife).

Kneipp:

Tgl. Wechselarmguss oder Wechselarmbad mit Heublumen, Haferstroh oder Wacholder.

Wöch. 2x Heusack oder Lehmpflaster je nach Verträglichkeit . Weitere physikalische und allgemeine Maßnahmen: s. chron. Form der Schultersteife.

Diät, Tee und Homöopathie s. unter 1. Medikamente und sonstige therapeutische Maßnahmen nach ärztlicher Verordnung.

3. Arthrosis der Schultergelenke

Die Gelenkflächen am Schultergelenk sind verhältnismäßig klein, so daß dort die Arthrose nur ein beschränktes Feld für ihren destruktiven Gelenkprozeß vorfindet. Die Störanfälligkeit liegt weniger im Gelenk als in der Umgebung des Gelenkes (s. Schultersteife)

Kneipp:

Tgl. Wechselarmguß oder Wechselarmbad mit Heublumen, Haferstroh oder Wacholder.

Wöch. 2x Heusack oder Lehmpflaster je nach Verträglichkeit. Weitere physikalische oder allgemeine Maßnahmen: s. chronische Form der Schultersteife.

Diät, Tee und Homöopathie:

s. unter 1. Medikamente und sonstige therapeutische Maßnahmen nach ärztlicher Verordnung.

4. Arthrosis der Fußgelenke und des Großzehengrundgelenkes.

Die Sprunggelenke unterliegen besonders bei Fußdeformierungen wie Senk-, Knick-, Platt- und Spreizfuß einer Fehlbelastung mit vorzeitigen Verschleißerscheinungen der Gelenke. Der Belastungsschmerz ist führendes Symptom, während Deformierungen wie z. B. beim Gelenkrheumatismus nicht zu befürchten sind. Die Arthrosis des Großzehengrundgelenkes hat deswegen ihre eigene Bedeutung, weil Verwechslungen mit einem Gichtanfall häufig sind. Es ist streng zu unterscheiden zwischen einem Gichtanfall mit Rötung und druckschmerzhafter Schwellung des Großzehens und dem »Hallux rigidus«, der versteifenden Arthrosis des Großzehengrundgelenkes.

Kneipp:

Tgl. Wechselknieguss und Wechselfußbad mit Heublumen, Haferstroh oder Wacholder.

Wöch. 2x Lehmpflaster auf Fußgelenke bzw. Großzehe; 2x 3/4-Bad mit Heublumen oder Wacholder, gelegentlich Tau- oder Wassertreten.

Allgemeine Maßnahmen:

Spezielle Fußgymnastik s. S. 212, Barfußgehen, Bürsten, auf gutes Schuhwerk achten, Versorgung der Schuhe mit gutsitzenden Einlagen. Beim Spazierengehen Pflaster und Asphalt meiden, evtl. Schuhe mit elastischen Sohlen tragen (Tennisschuhe).

Weitere physikalische Maßnahmen: Moor, Fango, Bestrahlungen.

Diät, Tee und Homöopathie:

s. unter 1. Medikamente:

Verordnung durch den behandelnden Arzt. Er bestimmt die notwendigen Einreibungen.

5. Arthrosis der Fingergelenke.

Die kleinknotigen Verdickungen, meist an den Fingerendgelenken, treten nie gesondert, sondern fast immer in Gesellschaft mit anderen arthritischen Veränderungen auf. Im Umkehrschluss lassen die sog. Heberdenschen Knötchen der Fingerendgelenke in der Regel auf arthrotische Veränderungen der großen Gelenke oder auf eine Spondylarthrose der Wirbelsäule schließen. Auch hier ist das landläufige Schnellurteil, daß  die Hand durch Gichtknoten entstellt sei, nicht richtig. Der Harnsäurespiegel im Urin  gibt schnell darüber Auskunft, daß die harmlosen Veränderungen an den Fingerendgelenken mit Gicht nichts zu haben. Selbst bei deutlicher Deformierung der Endgelenke ist eine schmerzhafte Versteifung kaum zu befürchten.

Kneipp:

Tgl. Wechselarmguss oder Wechselarmbad mit Heublumen oder Wacholder.

Wöchentlich 3 x Lehmpflaster.

Weitere physikalische Maßnahmen: Moor, Fango.

Allgemeine Maßnahmen:

Fingergymnastik, leichte Selbstmassage der Fingerendgelenke mit einer vom Arzt verordneten Salbe.

Diät, Tee und Homöopathie: s. unter 1.

6. Arthrosis der Daumenendgelenke

Die Sattelgelenke am Ansatz des Daumenballens gehören zu jenen Gelenken, die von dem lästigen Leiden der Arthrose häufig heimgesucht werden. Deformierungen treten kaum auf, aber das Anfassen und Zupacken kann mit erheblichen Schmerzen verbunden sein.

Kneipp:

s. unter 5., wöch. 3x Lehmpflaster am betroffenen Handgelenk. Alle weitere Therapie und Maßnahmen s. unter 5.

Über den Autor

Dr. med. Mathäus Fehrenbach: Facharzt für Allgemeinmedizin, Badearzt, Naturheilverfahren

Quelle

Fehrenbach, Dr. med. Mathäus: Kneipp von A-Z: Das Gesundheitsbuch für alle; Verlag: Radgeber Ehrenwirth; 6. Auflage 2010

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Kursanatorium Dr. Fehrenbach.

Print Friendly, PDF & Email