Bauchschmerzen

Leibschmerzen – Bauchschmerzen

1. Akute Leibschmerzen

Der plötzlich auftretende Leibschmerz kann Ausdruck einer harmlosen Unpäßlichkeit nach einem Ernährungsfehler, aber auch Alarmsymptom einer heraufziehenden Entzündung im Bauchraum, z. B. einer Blinddarmentzündung, sein. Grundsätzlich ist bei jedem Leibschmerz unverzüglich die Temperatur, am besten rektal (im Darm) und axillar (unter der Achsel), zu messen. Ein Leibschmerz ohne Temperaturerhöhung schließt gewöhnlich einen akuten, entzündlichen Prozeß aus, versichert allerdings nicht, daß kein akutes, behandlungsbedürftiges Leiden vorliegt. Eine Temperaturdifferenz von mehr als 1 Grad zwischen Axillar- und Rektalmessung, vorausgesetzt, daß Fieber besteht, ist ein deutlicher Hinweis für einen entzündlichen Prozeß im Bauchraum. Ein plötzlicher Krankheitsbeginn zeigt gleichfalls ein akutes Geschehen an. Erbrechen kann harmlos sein, gilt aber auch als Symptom einer Bauchfellreizung bei einer umschriebenen Entzündung im Bauchraum.

Um tragischen Versäumnissen vorzubeugen, ist schnelle ärztliche Hilfe notwendig,

  1. wenn der Leibschmerz akut, unvermittelt, aus heiterem Himmel bei einem bis dahin gesunden Menschen auftritt,
  2. wenn erhöhte Temperatur rektal über 38° mit einer Differenz zur Axillarmessung von mehr als einem Grad besteht,
  3. wenn Erbrechen ohne erkennbare Ursache auftritt.

Alle Hilfsmaßnahmen sind bis zur Abklärung der Diagnose zu unterlassen. Ein Beispiel mag die Dringlichkeit der ärztlichen Hilfe beim akuten Bauch illustrieren:

Nachts gegen 2 Uhr wurde ich zu einem fünfjährigen Mädchen gerufen. Das Kind klagte über Leibschmerzen im rechten Unterbauch. Vor einer Stunde habe es sich erbrochen, berichtete die anwesende Großmutter. Als ich nach meiner Untersuchung die Diagnose »Blinddarmentzündung« stellte und die sofortige Einweisung ins Krankenhaus anordnete, war die Großmutter des Kindes außer sich. Sie wollte die Einweisung um jeden Preis verhindern, um auf ihre Art durch Wickel und Heusack das Krankheitsbild zu beheben. In der Klinik stellte sich heraus, daß es sich um einen Blinddarmdurchbruch mit Eiterung in die Bauchhöhle handelte. Die Operation konnte rechtzeitig und mit Erfolg durchgeführt werden.

Natürlich ist nicht jeder Leibschmerz mit Fieber eine eitrige Blinddarmentzündung. In den meisten Fällen handelt es sich um einen fieberhaften Magen- Darm-Katarrh, der mit Durchfall, manchmal auch mit Erbrechen einherzugehen pflegt. Wegweisend ist oft die Art des Schmerzes. Ein diffuser Leibschmerz spricht mehr im Sinne eines Magen-Darm-Katarrhs, während ein umschriebener Schmerz im rechten Unterbauch den Verdacht einer Blinddarmentzündung nahelegt.

Im Rahmen der weiteren Abhandlung sollen die häufigsten und wichtigsten leibschmerzverursachenden Krankheitsfälle Erwähnung finden.

  • a) Die Nierenkolik geht mit äußerst heftigen, krampfartigen Schmerzen einher, die vom Rücken in den Unterbauch und die Leistengegend ausstrahlen. Normalerweise besteht kein Fieber (s. Nierensteine).
  • b) Die Gallenkolik wiederum zieht unter schlimmsten Schmerzattacken vom rechten Oberbauch zum Rücken (s. Gallenkolik).
  • c) Der Magengeschwürkranke muß bei ungewöhnlich starken, plötzlichen Schmerzen an die Möglichkeit eines Geschwürdurchbruches in die Bauchhöhle oder an eine Blutung in den Magen denken.
  • d) Frauen im gebärfähigen Alter sind bei starken Schmerzen im Unterbauch immer nach ihrer Periode zu fragen. In den ersten 3 Monaten kann eine Eileiterschwangerschaft zu einem inneren »Fruchtkapselaufbruch« und damit zu einer Sickerblutung in die Bauchhöhle führen.

Was nun die Hilfsmaßnahmen anbetrifft, so sollten keine verzögernden Behandlungsversuche eingeleitet werden. Sofort Arzt oder Notarzt rufen!

2. Chronische Leibschmerzen

Der chronische Bauchschmerz unterscheidet sich vom akuten in wesentlichen Punkten. Aus der mehr oder weniger langen Krankengeschichte ist dem Patienten meist der Grund seiner Beschwerden bekannt. So vielgestaltig und variantenreich Leibschmerzen oft geschildert werden, so zahlreich sind auch die möglichen Ursachen. Der Darm in seiner ganzen Länge vermag Mißempfindungen in jedem Teil zu äußern. Denken wir nur an die Magenschleimhautentzündung, das Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür, die verschiedenen Dickdarmerkrankungen, an die Leber, die Gallenblase und Bauchspeicheldrüse, Die Unterleibsorgane der Frau fühlen häufig zu unangenehmen Sensationen. Das Nervensystem findet im Bauchraum ein weites Projektionsfeld ungeteilter und unerlebter Spannungen. Auch die Depression bedient sich häufig der Maske unerklärbarer Leibschmerzen. Dem aufmerksamen Beobachter entgehen indessen nicht die zahlreichen nervösen Begleitsymptome, die sich im körperlichen und seelischen Bereich abspielen.

Einer besonderen Erwähnung bedürfen die chronischen Blähzustände des Leibes. Gasansammlungen blähen häufig den Magen oder einzelne Darmteile auf und bedingen unangenehme Spannungszustände. Charakteristisch für diese Beschwerden ist das sich schnell wandelnde Beschwerdebild mit deutlicher Erleichterung, wenn Winde ihren natürlichen Ausgang finden.

Kneipp:

Tgl. Wechselknie-, Wechselschenkel- oder Wechselschenkelleibguss oder Wechselfußbad mit Baldrian oder Thymian.

Wöch. 2-3x Heusack oder Heublumenauflage auf den Leib, 2x Sitzbad mit Heublumen, anschl. Knieguss; oder 2x Halb- oder 3/4-Bad mit Heublumen, anschl. Abguss.

Allgemeine Maßnahmen:

Bauchschnellen (s. S. 216), Bewegung und Gymnastik, Leibselbstmassage (s. S.  216), Atemübungen, Sport.

Diät:

Fett- und süßigkeitsarme Kost, Antiblähdiät (s. S. 26), regelmäßige Mahlzeiten; langsam essen, gut kauen.

Tee:

  • Anserine         40,0
  • Frauenmantel
  • Pfefferminze
  • Baldrian
  • Melisse            aa ad 100,0
  • Tgl. 3×1 Tasse, kalt ansetzen, aufkochen, 10 Min. ziehen lassen.

Homöopathie:

  • Allium sativum           D2
  • Asa foetida                 D3
  • Nux moschata                        D3
  • Belladonna                 D6 aa ad 40,0
  • Tgl. 3×15 Tr.

Medikamente:

Verordnung der jeweiligen Medikamente durch den beratenden Arzt nach Ursache des Leidens.

Beachte:

Die nachoperativen Leibschmerzen sind nur in seltenen Fällen auf echte Verwachsungen zurückzuführen. Aus meiner Erfahrung handelt es sich meist um nervös-vegetative Beschwerden, die aus einem verständlichen Motivationsbedürfnis von Arzt und Patient auf die Operationsnarben zurückgeführt werden.

Alkohol ist in kleinen Mengen erlaubt. Nikotin jedoch verboten. Alle Medikamente, die eingenommen werden, müssen auf ihre Magen-Darm-Verträglichkeit überprüft werden.

Das Herzmittel »Digitalis« kann bei Langzeit- und Überdosierung Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen.

Über den Autor

Dr. med. Mathäus Fehrenbach: Facharzt für Allgemeinmedizin, Badearzt, Naturheilverfahren

Quelle

Fehrenbach, Dr. med. Mathäus: Kneipp von A-Z: Das Gesundheitsbuch für alle; Verlag: Radgeber Ehrenwirth; 6. Auflage 2010

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Kursanatorium Dr. Fehrenbach.

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